Philosophieren,  Wissenschaft

Tanzen im Erwachsenenalter

Ist das Tanzen im Erwachsenenalter etwas Besonderes? Was unterscheidet diese Lebensphase von anderen? Welche Rolle spielt das Tanzen dabei?
Berechtigte Fragen, auf die ich hier eingehen möchte. Zumindest in ersten Ansätzen… 🙂


Spätestens in meinem Sozialarbeitsdtudium wurde mir klar, dass das Erwachsenenalter vor allem in Bezug auf die Beruflichkeit, die familiäre Situation, das Altern, usw. thematisiert wird. Was ist aber mit der individuellen Persönlichkeit erwachsener Personen? Und wie kann Persönlichkeitsbildung im Alltag eines erwachsenen Menschen stattfinden? Schließlich sind wir alle sehr stark in unseren Alltag eingebunden: Arbeit, Familie und andere soziale Rollen.


Soziale Rollen sind „Bündel von Erwartungen, die in einer Gesellschaft an das Verhalten der Träger von Positionen geknüpft sind; die Erwartungen beinhalten Vorstellungen darüber, wie bestimmte Positionen angemessen ausgefüllt werden. Zu jeder Position gehört eine entsprechende Rolle, die dem Träger bestimmte Verhaltensregeln zuspricht bzw. vorschreibt.“

Spektrum Akademischer Verlag, Heidelberg (2001)1

Erwachsene sind also in vielen Fällen sehr stark in das gesellschaftliche Gefüge eingebunden. Durch die wachsende Verantwortung gegenüber den alternden Eltern, eigenen Kindern, dem eigenen Haushalt, dem Arbeitgeber, usw. können Herausforderungen und Krisen entstehen, die es zu bewältigen gilt. In diesem Konstrukt ist es für Erwachsene schwierig, sich Freiräume für sich zu schaffen – sogar wenn theoretisch Zeit zur Verfügung stehen würde.

Freiräume im Erwachsenenalter

Mit Freiräumen meine ich hier Zeit für sich und die eigene Persönlichkeit: Wer bin ich? Was will ich und was will ich nicht? Was tut mir gut? Wo liegen meine Grenzen? Außerdem beinhalten Freiräume für mich auch die Möglichkeit, Zeit mit anderen Menschen zu verbringen: Das Knüpfen neuer und das Aufrechterhalten bestehender Kontakte.

Fehlende Freiräume können das Wohlbefinden und die psychische Gesundheit beeinträchtigen – das werden viele von euch kennen, wenn sie z.B. merken, dass sie keinen Ausgleich haben oder nach dem Sinn bestimmter Gegebenheiten suchen. Ich persönlich verspüre bei fehlenden Freiräumen schon auch mal eine mangelnde Konzentrationsfähigkeit, bin gereizt oder fühle Unbehagen, ohne dass ich es genauer beschreiben könnte.

Freiräume und Wohlbefinden durch Tanz

Neben meinen persönlichen Erfahrungen mit dem Tanzen und dessen Wirkung auf mich, konnte ich auch in meiner Bachelorarbeit theoretisch herleiten, dass das Tanzen sich auf das Wohlbefinden im Erwachsenenalter auswirken kann. Das hängt insbessondere mit der körperlichen Bewegung, der Musik und der sozialen Interaktion mit anderen zusammen. Dass Bewegung gut für Körper und Psyche ist, ist inzwischen kein Geheimnis mehr. Die Herz-Kreislauf-Leistung, die Muskulatur und das Immunsystem werden gestärkt bzw. aktiviert und es werden Glückshormone freigesetzt, die die Stimmung aufhellen. Auch Musik kann körperliche Reaktionen und Emotionen hervorrufen. Musik hat also ebenfalls einen Effekt auf den Körper und die Psyche (Sloboda 1991)2. So wie die Bewegung kann auch Musik die Stimmungslage beeinflussen (Spitzer 2014, S.400-401)3. Da häufig in Gruppen oder mit Tanzpartner*innen getanzt wird, besteht im Tanz eine soziale Komponente, die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben und Austausch ermöglicht. Der Kontakt zu Tanzlehrenden oder ggf. Reaktionen von einem Publikum zählen ebenfalls zu dieser sozialen Interaktion, die im Tanz stattfinden kann.

Insgesamt möchte ich hier festhalten, dass das Tanzen weit mehr als ein bisschen Herumgewackel ist. Tanzen ist eine Sportart, eine Kunstform, eine Freizeitbeschäftigung und eine Kommunikationsweise. Gerade im Erwachsenenalter bietet das Tanzen vielfältige Möglichkeiten, sich im Alltag Freiräume zu schaffen und sich dadurch Zeit für sich und Zeit mit Gleichgesinnten einzuräumen.


Eine detaillierte Ausführung zu diesem Thema findet ihr hier (kostenlos) und hier.
Bei Fragen und Anregungen dürft ihr euch gerne bei mir melden.


Quellen:

1 Spektrum Akademischer Verlag (2001): Soziale Rollen. Verfügbar unter: https://www.spektrum.de/lexikon/psychologie/soziale-rollen/14532 (27.12.2022)

2 Sloboda, John (1991): Music Structure and Emotional Response: Some Empirical Findings. Verfügbar unter: https://www.researchgate.net/publication/209436058_Music_Structure_and_Emotional_Response_Some_Empirical_Findings (27.12.2022)

3 Spitzer, Manfred (2014): Musik im Kopf. Hören, Musizieren, Verstehen und Erleben im neuronalen Netzwerk. Stuttgart: Schattauer.

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